Kongress Gesundheit und Pflege – wie Pflege und Gesundheitsversorgung zukunftsfähig gestaltet werden können

Am 15. Mai 2025 fand im Hörsaal der Ostfalia Hochschule in Wolfsburg der Kongress „Gesundheit und Pflege“ statt. Organisatoren waren Immacolata Glosemeyer, SPD-Vorsitzende in Wolfsburg, und Hans-Georg Bachmann, SPD-Fraktionsvorsitzender. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Pflege und Gesundheitsversorgung zukunftsfähig gestaltet werden können. Vertreter*innen aus Politik, Wissenschaft, Praxis und IT diskutierten vor ca. 100 Teilnehmenden vor Ort und online über Herausforderungen und Reformansätze.

„Pflege und Gesundheit sind zentrale Themen unserer Gesellschaft. Nicht erst seit der Pandemie, aber seither in einer Dringlichkeit, die wir nicht ignorieren können.“ Mit diesen Worten eröffnete Hans-Georg Bachmann die Veranstaltung.

Eröffnet wurde die Veranstaltung mit einem Impulsvortrag von Dr. Andreas Philippi, Niedersachsens Minister für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung. Er betonte die wachsenden Anforderungen durch den demografischen Wandel, den Mangel an Pflegefachkräften und die finanzielle Belastung pflegebedürftiger Menschen. Philippi stellte konkrete Maßnahmen des Landes Niedersachsen vor, darunter internationale Fachkräfteinitiativen, ein Programm gegen Hausärztemangel sowie die vollständige Abschaffung des Schulgelds für Gesundheitsfachberufe.

Einen kritischen und zugleich wegweisenden Impuls setzte Prof. Dr. Martina Hasseler von der Ostfalia Hochschule. Sie forderte eine radikale Neubewertung der Pflegefachberufe: „Deutschland liegt in der Entwicklung professioneller Pflege weit zurück. Wir brauchen eine eigenständige pflegerische Gesundheitsversorgung mit gesetzlich abgesicherten Vorbehaltsaufgaben – analog zur ärztlichen Versorgung.“ Hasseler plädierte für eine Reform des Pflegebegriffs und mehr interprofessionelle Zusammenarbeit.

In der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Florian Meyer, kamen verschiedene Perspektiven aus der Praxis, dem Klinikmanagement und der digitalen Gesundheitswirtschaft zusammen. Moderiert von Florian Meyer, diskutierten: André Koch, Direktor des Klinikums Wolfsburg, Jasmin Friedrichs-Schmidt, Stellvertretende Geschäftsführerin der Bettina Harms GmbH, Giovanni Coppa, IT-Berater bei RISE und Vertreter des Eco-Verbands, sowie erneut Minister Dr. Andreas Philippi und Prof. Dr. Martina Hasseler.

André Koch betonte die Tragweite der Krankenhausreform: „Wir sind bereits mitten im Transformationsprozess. Mit der Einführung von Leistungsgruppen verändern wir strukturell, welche Leistungen zukünftig wo erbracht werden dürfen.“ Er zeigte sich zuversichtlich, dass das Klinikum Wolfsburg als Schwerpunktversorger eine zentrale Rolle in der Region behalten werde, warnte jedoch vor Engpässen bei Spezialisierungen.

Jasmin Friedrichs-Schmidt schilderte eindrucksvoll die Herausforderungen in der ambulanten Pflege: „Pflegefachpersonen mit Studium werden tariflich nicht besser gestellt als examinierte Pflegekräfte. Diese mangelnde Anerkennung gefährdet nicht nur die Motivation, sondern auch die Zukunftsfähigkeit unseres Berufsfeldes.“ Sie forderte mehr Flexibilität bei Aufgabenverteilungen, angepasste Vergütungssysteme und praxisnahe Qualifikationsmodelle.

Giovanni Coppa unterstrich das Potenzial digitaler Vernetzung: „Wir brauchen dringend eine gemeinsame, sichere Dateninfrastruktur, um Gesundheitsversorgung effizient und interprofessionell gestalten zu können. Andere Länder zeigen, wie digitale Patientenakten und sektorübergreifende Kommunikation konkret Leben retten und Ressourcen schonen können.“

Prof. Hasseler ergänzte, dass Digitalisierung nur dann gewinnbringend sei, wenn Pflegefachpersonen in die Entwicklung eingebunden und ihre Leistungen systematisch erfasst würden: „Ohne pflegefachliche Sprache und rechtliche Leistungserbringungsrechte bleibt Pflege unsichtbar.“

Minister Philippi versicherte, dass Niedersachsen diese Impulse ernst nehme und bereits daran arbeite, Strukturen für ambulante Versorgung und Digitalisierung nachhaltig zu stärken.

Einigkeit herrschte auf dem Podium in einem Punkt: Pflegeleistungen werden derzeit häufig nicht adäquat vergütet und Pflegefachpersonen in ihrer fachlichen Autonomie stark eingeschränkt. Um dem demografischen Wandel und dem Fachkräftemangel wirksam begegnen zu können, seien grundlegende Strukturreformen unumgänglich.

Für die Wolfsburger Sozialausschussvorsitzende und Veranstalterin Immacolata Glosemeyer zeigte der Kongress deutlich: „Unser Wolfsburger Krankenhaus ist für die Zukunft gut vorbereitet. Das hat auch unser Gesundheitsminister bestätigt. Für die Pflege müssen wir neue Wege finden. Wir werden weiterhin mit den Anbietern sprechen, um ein Wolfsburg-Modell zu entwickeln. Die Pflege braucht neue Ideen und Vertrauen in unsere gut ausgebildeten Pflegefachkräfte. So können wir sicherstellen, dass jeder die Gesundheitsversorgung bekommt, die er braucht und dass sie menschenwürdig und bezahlbar ist.“